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Hinterzarten: Die höchstgelegene vertikale Sonnenuhr

Am Häuslebauernhof hat man viel Zeit

Ein einsamer Schwarzwaldhof, ein Wanderweg und eine Uhr, wie man auf 1067 Metern über dem Meeresspiegel keine zweite findet. Auf Hinterzartener Gemarkung steht der Häuslebauernhof. Dort weiß man: Bei Sonnenschein spielt sich immer wieder die gleiche Choreografie ab.

von  Daniela Bianca Gierok , Ralf H. Dorweiler , 17. Mai 2013
  

Beim Wandern kann man die Zeit vergessen – bis man zum Häuslebauernhof kommt. Der liegt bescheiden an einem Südhang am Emil-Thoma-Weg und bietet eine wunderschöne Sicht auf den Feldberg. Der Ausblick allein auf diesem Teilstück des berühmten Westweges ist es aber nicht, der einen hier aus dem Tritt bringt. Am Hof angekommen, spielt sich eine Szene wie nach einer geheimen, immer wiederkehrenden Choreographie ab: Blick auf eine Holztafel, aufs Handgelenk, in den Himmel und dann in die Runde: Zeit für einen ausgiebigen Uhrenvergleich mit der höchstgelegenen vertikalen Sonnenuhr Deutschlands. 

Die schönste ist sie nicht, zumal sie als „Verkleidung“ vor ein graugrünes Trafohäuschen gesetzt wurde. Schauen Sie sich im Vergleich ruhig die von St. Blasien am östlichen Amtsgebäude beim Kurgarten an. Aber sie ist nach wissenschaftlichen Standards erbaut und tut auf 1067 Metern über dem Meeresspiegel das, was sie soll: Sie zeigt Wanderern an, wie spät es ist. Damit das funktioniert, muss eine Sonnenuhr genau berechnet sein. Diesen Part übernahm Peter Kunath, ein Mathematiker aus Köln, der den Häuslebauernhof und seinen Besitzer, Zimmereimeister Schwörer, kennt. Mit einem Computer wurde eine Schablone für die Fräsungen auf der Uhr erstellt, die nicht nur Sommer- und Winterzeit unterscheidet, sondern auch noch anzeigt, in welchem Tierkreiszeichen man sich gerade befindet. Eine Metallstange mit einer Verdickung wirft – natürlich muss dafür die Sonne scheinen – einen Schatten auf einen Punkt auf der vertikal stehenden Sonnenuhr.

Große Aufregung verspürt Schwörer nicht um seinen Rekord. Trotzdem – auch wenn man sie nicht aufziehen muss, schaut er doch immer mal wieder, ob alles noch seine Richtigkeit hat. Mit je nach Jahreszeit plus oder minus 15 Minuten ist der kleine Schatten auf jeden Fall ein erstaunlich zuverlässiger Zeitmesser. Zweimal im Jahr stimmt die Uhr sogar ganz genau. Wann, das können Sie ja mal vergleichen.

Übrigens:

Der Name des Häuslebauernhof hat nichts mit der Zimmerei zu tun, wie man denken könnte. Erbaut wurde das „Häusle“ 1712 als Nebenstandort eines anderen Bauernhofs. So wurde er zum Häusle-Bauernhof. Dieser kann nur von außen betrachtet werden. Bewirtung gibt es dort keine. Wanderer sollten sich darum ein Vesper mitbringen.

Gut zu wissen

Anreise: Von der Freiburgerstraße in Hinterzarten in die Alpersbacher Straße abbiegen. Die für etwa 5 Kilometer immer geradeaus, nach dem Gasthaus Engel nach knapp 500 Metern links abbiegen. Nach 1,7 Kilometern kommt der Waldparkplatz. Der Waldweg gegenüber dem Parkplatz führt durch einen Tannenwald und heißt Fürsatzweg. Nach etwa zwei Kilometern gelangt man an eine große Waldwegkreuzung. Hier gehen Sie rechts bergab zum Häuslebauernhof, der nach etwa 1,4 Kilometern auftaucht. Skiwanderer fahren die Straße noch ein Stück weiter bis zum großen Parkplatz von Rinken. Dort beginnt die „Rinken-Fürsatz-Loipe“, die bis Hinterzarten führt und wunderbare Ausblicke bietet.

Adresse: Am Feldberg 4, 79856 Hinterzarten

Über die Autoren

Daniela Bianca Gierok (Texte) wurde 1973 im Ruhrgebiet geboren, wo sie schon früh erste journalistische Erfahrungen für die WAZ machte. Statt in die Redaktion zog es sie aber zuerst nach Köln, wo sie zuerst Jazz- und  dann Operngesang studierte. Eine Anstellung an der Basler Oper führte die Diplom-Sängerin in den Schwarzwald – der zur geliebten Heimat geworden ist. Folgen Sie Daniela auf Google+

alle Reiseberichte des Autors

Ralf H. Dorweiler, geboren 1973 in Nastätten im Taunus, wuchs in der Nähe der Loreley auf und studierte in Köln Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft. Seit acht Jahren lebt er mit seiner Familie und dem "echten" Basset Dr. Watson im Südschwarzwald. Er arbeitet als Redakteur für eine badische Tageszeitung und schreibt Kriminalromane. Folgen Sie Ralf auf Google+

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