Was hat Grafenhausen mit Wilthen, der Stadt des Weinbrandes, oder Rogätz, der Gemeinde der Blütenkönigin gemein? Die Antwort lautet: eine Frau mit verbundenen Augen, dem Schwert in der rechten Hand und der Waage in der linken. Alleine diese Beschreibung genügt, um jeden an „Justitia“ denken zu lassen, an die Verkörperung der Gerechtigkeit. Alle drei Orte führen sie in ihrem Wappen. Die Lady soll zeigen, dass das Recht ohne Ansehen der Person - darum die Augenbinde - nach Abwägung der Sachlage gesprochen und schließlich mit der nötigen Härte und im Fall des Falls gar dem Richtschwert durchgesetzt wird.
Während die Justitia bei den anderen Orten nur Detail des Wappens ist, stellt sie in Grafenhausen das alleinige heraldische Symbol dar. Auf blauem Untergrund scheint sie zu schweben. Die Erklärung für ihre Präsenz ist einfach: Grafenhausen war früher ein Ort der Gerichtsbarkeit. Als historischer Hintergrund für dieses Motiv wird eine möglicherweise einst im Gewann Galgenbuck befindliche Richtstätte vermutet.
Die Justitia kommt eigentlich aus der römischen Mythologie. Ebenfalls römisch ist eine Weisheit, die auch direkt mit der Wahrheitsfindung zu tun hat: „In vino veritas“. Oder auf Deutsch: Im Wein liegt die Wahrheit.
Die zweite für Grafenhausen besonders wichtige Lady hat zwar nichts mit Wein zu tun, dafür müsste nach diesem Spruch ziemlich viel Wahrheit herrschen, wenn man sie gesehen hat. Die warmherzig lächelnde Blondine serviert nämlich zwei kühle Blonde. Zu sehen ist das Trachtenmädchen auf dem Etikett des Rothaus-Biers. Im Rahmen eines Wettbewerbs hat sie einen Namen bekommen, der den alemannischen Humor als hintergründig und doppeldeutig entlarvt. Mit ganzem Namen heißt die Gute nämlich „Biergit Kraft“.
Grafenhausen ist nicht nur Zentrum des südbadischen Biergenusses, sondern auch reich an Waldflächen. 360 Hektar davon allerdings werden von einem Förster bewirtschaftet, den der Kanton Schaffhausen bestellt und zahlt. Grund ist, dass Grafenhausen nach der Reformation zu Schaffhausen gehörte und 1530 wieder zurück zu Landgrafschaft Stühlingen getauscht wurde. Offenbar hatten Justitias Helfer bei der ganzen Tauscherei die 360 Hektar Wald auf deutscher Seite übersehen - oder sich zu ausgiebig mit Biergit Kraft unterhalten. Die Waldfläche blieb jedenfalls in Schweizer Besitz und gehört den Eidgenossen bis heute.