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Auf der warmen Ofenbank, Teil 7: Der Vogtsbauernhof

Öfen aus der alten Zeit

Im Freilichtmuseum Vogtsbauernhof kann man Öfen von einst sehen. Sie stehen in zugigen, alten Schwarzwaldhäusern, wo man sofort versteht, warum ein Kachelofen mit Bank so ungemein anziehend auf uns Menschen wirkt.

von  Patrick Kunkel , 10. Dezember 2014
  

Im Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof im Kinzigtal stehen sechs voll eingerichtete Schwarzwälder Eindachhöfe aus allen Ecken des Schwarzwalds sowie ein Taglöhnerhaus – und jedes dieser Häuser hat einen alten Kachelofen in der Stube: „Ich bin mir ganz unbescheiden eigentlich sicher, dass wir wenn nicht die schönsten, so doch herausragend schöne Öfen im Museum haben“, sagt Thomas Hafen, der wissenschaftliche Leiter des Vogtsbauernhofs.

Die alten Stücke sind natürlich nicht so alt wie die Häuser, in denen sie stehen: „Ein Kachelofen hält, wenn es gut geht, 50 Jahre“, sagt Ofensetzer Alois Bögner aus Hofstetten im Kinzigtal. Allerdings werden ausgebrannte Öfen nicht einfach entsorgt, sondern wieder hergerichtet – so wie es damals schon üblich war. Bögner hat die meisten Öfen im Vogtsbauernhof exakt rekonstruiert und spricht begeistert von der alten Technik.

Besonders eindrucksvoll, vor allem aber einladend, sind die „Kachelkünste“, also jene beheizbaren, mit Kacheln verkleideten Ofenbänke, die im ganzen Schwarzwald verbreitet waren - und heute noch sind: „Diese beheizbaren Bänke wurden früher relativ hoch gebaut, weil man damals Angst hatte, warme Abgase nach unten zu leiten“, erklärt Thomas Hafen. Die oft zweistöckigen Sitzbänke waren ebenso praktisch wie beliebt: „Wenn hoher Besuch da war, bot man den Platz auf der Kunst an. Aber auch Alte oder Kranke wurden oft auf diese zusätzlich beheizbare Bank verfrachtet.“ „In der Größe drückte sich natürlich auch der soziale Status aus,“ sagt Hafen. „Die Öfen reicher Bauernfürsten waren größer und prächtiger. Aber auch einfache Tagelöhner hatten einen typischen Schwarzwälder Ofen in der Stube stehen – mit einer einfachen Holzbank statt einer steinernen Kunst. Wenn ein Kulturgut so verbreitet ist, dass es sich jeder leisten kann, muss die Schicht, die sich für die bessere hält, zeigen, dass sie sich mehr leisten kann.“

Öfen mit Kachelkunst sind auch heute wieder enorm gefragt, sagt Ofenbauer Bögner, dessen kleine Firma immer öfter solche Öfen nach altem Vorbild in Privathäusern errichtet. Auf die zweistöckige Kachelkunst im größten Hof des Museums, dem Vogtsbauernhof, möchte man sich jedenfalls am liebsten sofort legen – was leider nicht gestattet ist. Die meiste
Zeit sind die Öfen im Museum ohnehin kalt. Doch zu Museumsveranstaltungen im Herbst und Winter wird eingeheizt. „Kulturgeschichtlich gesehen schreibt der Kachelofen das Prinzip des Urfeuers weiter, das Licht und Wärme spendete und um das sich die Menschen versammelten“, sagt Hafen: „Gerade in den Wintermonaten hat sich das Leben nicht im Haus verteilt, sondern man saß in diesem einen Raum, der dank des Kachelofens beheizbar war.“ So sei der Kachelofen mit seiner Ofenbank immer auch das familiäre Zentrum des Bauernhauses gewesen, dort, in der Wärme, traf man sich, dort wurden Handarbeiten verrichtet, die mit klammen Fingern gar nicht möglich gewesen wären. „Wenn man an Wintertagen in unserem Museum durch ein zugiges Schwarzwaldhaus geht, merkt man, wie hart das Leben damals war, und welche Anziehungskraft ein warmer Kachelofen damals gehabt haben muss.“

Doch die Öfen spendeten nicht nur Wärme: „ Diese winterlichen Bauernstuben waren die Keimzellen der alten Legenden und Geschichten. Wenn man sich vorstellt, wie sich diese bäuerliche Gemeinschaft über Monate hinweg jeden Abend und wahrscheinlich auch tagsüber um diesen Ofen scharte. Und es gab keinen Fernseher und kein Handy und kein Internet. Das war die große Zeit der Geschichtenerzähler.“

Zu Teil 6: In die Stube gehört ein Ofen

Gut zu wissen

www.vogtsbauernhof.de

Über den Autor

Patrick Kunkel ist Reisejournalist aus Freiburg im Breisgau. Am liebsten erkundet er die Welt mit dem Fahrrad oder mit Wanderschuhen an den Füßen. Er lebt und arbeitet derzeit in Bilbao, Nordspanien und reist von dort regelmäßig in seine Lieblingsregion – den Schwarzwald. Folgen Sie Patrick auf Google+

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