language
 

Hochschwarzwälder Schneemenschen Teil III

Sechs Monate Winter

Nur wenige leben so eng auf Tuchfühlung mit dem Winter wie die Hüttenwirte am Feldberg. Heinz Blodek vom Naturfreundehaus genießt die besondere Ruhe auf der Nordseite des Feldbergs.

von  Patrick Kunkel , 09. März 2017
  
Schwarzwaldhaus am Feldberg im Schwarzwald
Rund um den Gipfel des höchsten Schwarzwaldbergs kann die kalte Jahreszeit durchaus ein halbes Jahr dauern. - © Patrick Kunkel

Wenn unten in der Rheinebene die Krokusse blühen, denkt kein Flachländer mehr an den Winter oben auf dem Wald. Dabei liegt oft noch bis in den Mai hinein Schnee auf dem Gipfel des Feldbergs. Rund um den Gipfel des höchsten Schwarzwaldbergs kann die kalte Jahreszeit durchaus ein halbes Jahr dauern. Oder länger. Wie kommen diejenigen damit klar, die ihr Leben dauerhaft auf den Höhen verbringen?

Direkt unterhalb des Gipfels liegt das Naturfreundehaus Feldberg. Es ist der Wucht des Schwarzwaldwinters voll ausgesetzt: „Der Schneerekord vor dem Haus liegt bei 6,2 m“, sagt Heinz Blodek, Hüttenwart des Naturfreundehauses: „Ich habe hier immerhin schon 3,80 Meter erlebt.“  Dennoch sei der Winter der Gegenwart keine Bedrohung mehr wie er es in den alten Tagen für die Bauern auf den Höhen des Schwarzwalds gewesen sei.

Auch wenn das 1926 eröffnete Haus äußerlich noch immer so aussehe wie damals: heute gibt es eine Zentralheizung und jeden Morgen räumt Loipenfahrer Conny Gröbler die Zufahrt zur Hütte, man erreicht das Naturfreundehaus zu Fuß, mit Schneeschuhen und per Ski. Oder lässt sich und das Gepäck von Heinz mit dem Motorschlitten den letzten Kilometer vom Parkplatz am Rinkenpass hinauffahren.

„Früher konnte man hier auch im Sommer nur zu Fuß hoch“, sagt Heinz. „Und es wurde mit Holz geheizt. Im ganzen Haus gab es damals nur eine Dusche im Keller und die war für das Personal. Dafür gab es über 100 Schlafplätze. Die Gäste lagen damals halt noch zusammen. Heute haben wir halb so viele Betten. Ich glaube aber nicht, dass es unbedingt viel härter war. Ich würde eher sagen: Die Zeit war für alle gesünder und beweglicher.“ In den 1950er Jahren wurde eine Raupe angeschafft, und seitdem musste sich zumindest Hüttenwart nicht mehr zu Fuß hochbewegen.

Hüttenwirt Heinz Blodek beim Schneeschuhwandern am Feldberg im Schwarzwald
Heinz Blodek vom Naturfreundehaus genießt die besondere Ruhe auf der Nordseite des Feldbergs.  -  © Patrick Kunkel

Seit 12 Jahren lebt Heinz im Naturfreundehaus, er führt Gäste auf Schneeschuhen durch den Winterwald, alleine ist er am liebsten bei widrigen Wetterlagen unterwegs, „weil es dann wirklich ruhig und einsam ist. Ich brauche nur ein paar Meter zu gehen, dann ist alles andere unwichtig. Die Verbindung aus Schnee, Wald, Lichter, Weihnachten. Und dann ein warmer Ofen. Das kann man hier oben fantastisch erleben.“

Auf der Nordseite sei der Feldberg im Winter besonders ruhig. Ruhiger jedenfalls als am Seebuck und Richtung Herzogenhorn „mit all dem Trubel und Kommerz. Da ist es immer laut. Hier bei uns ist noch richtig Winter.“

Den Gegensatz gab es nicht immer: Kurz nach der Gründung des Hauses zogen die Skifahrer aus Freiburg in Scharen auf die Nordseite des Feldbergs. „Die Leute sind zum Skifahren gekommen. Am Baldenweger Buck gab es einen richtigen Skibetrieb. Früher waren hier Rennen und es gab eine Sprungschanze im Tännlefriedhof.“ Allerdings war der damalige Skibetrieb nicht mit dem Trubel der heutigen Pisten und Lifte zu vergleichen. „Die Pisten wurden nicht mit einer Maschine, sondern mit Ski präpariert.“

Der damalige Hüttenwart des Naturfreundehauses war zugleich auch Skilehrer. Als nach dem zweiten Weltkrieg die Lifte am Seebuck gebaut wurden, wurde es ruhiger rund um das Naturfreundehaus – zum Abfahrtsskifahren kam bald schon keiner mehr. In den achtziger Jahren wurde sogar mal kurz darüber nachgedacht, das Haus zu schließen. Inzwischen sei die Bude wieder voll, berichtet Heinz, auch wenn ein geregelter Skibetrieb mitten im Naturschutzgebiet nicht erlaubt wäre: „Mittlerweile läuft es wieder gut über die ganzen sanften Natursportarten im Winter: Tourenski, Schneeschuh, Langlauf.“

Dennoch gebe es immer Zeiten, da ist es ganz besonders ruhig unterhalb des Baldenweger Bucks. Ausgerechnet dann, wenn sich der Winter von seiner schönsten Seite zeige „kommt kaum noch einer. Im Frühjahr, wenn unten die Blumen blühen, will keiner mehr den Winter sehen. Dabei liegt dann hier oben noch eine Menge Schnee und es ist warm wie auf einem Gletscher. Wunderschön!“, sagt Heinz. Und im November, wenn früher der erste Schnee Einzug hielt, allzu oft begleitet von richtigem Schmuddelwetter: „Da ist man hier oben richtig einsam.“

Schneeschippen ist übrigens kein großes Thema, selbst dann nicht, wenn „ganz viel runterkommt“: „Wir müssen relativ wenig schippen. Die Dächer der Schwarzwaldhäuser sind ja so gebaut, dass sie genau das vermeiden, auch bei extremen Schneefällen. Außerdem sind die Laufwege draußen zwischen dem Haus und dem Schopf nur kurz. Das Haus ist schlau konstruiert!“

Hüttenwirt Heinz Blodek beim Schneeschuhwandern am Feldberg im Schwarzwald
Heinz kennt den Feldberg wie seine Westentasche, dennoch hat auch er sich schon verirrt.  -  © Patrick Kunkel

Den Winter dürfe man allerdings auch nicht unterschätzen: Heinz kennt den Feldberg wie seine Westentasche, dennoch hat auch er sich schon verirrt. „Ich kenne keinen Hüttenwirt hier oben, der sich noch nicht verlaufen hat. Besonders auf der Hochfläche des Feldbergs. Da hast du bei Sturm, bei Schneefall oder Wolken und Nebel keine Sicht mehr, dann läuft eigentlich jeder im Kreis.“ Ein Reiseautor der wilhelminischen Zeit, Wilhelm Jensen, hatte damals schon in einem der ersten Reiseführer „Durch den Schwarzwald“ vor Nebel und Schneestürmen auf dem Höchsten gewarnt: „Die seltsamsten Berichte über Nebelverirrungen auf dem Feldberg sind beglaubigt.“

Immerhin sei man heutzutage im Winter nicht mehr von der Außenwelt abgeschnitten, während dies früher während der monatelangen Schneeperioden eher die Regel war: „Die Wege zwischen den Hütten waren zu weit, es gab keine Zufahrten, da war man halt eingeschneit und aufgrund der schlechten Transportmittel auch abgeschnitten bis weit in die 1950er Jahre. Das hat sich erst mit den Liften und dem Skibetrieb geändert und der Möglichkeit, die Wege zu walzen und zu räumen.“

Merken

Merken

Merken

Merken

Über den Autor

Patrick Kunkel ist Reisejournalist aus Freiburg im Breisgau. Am liebsten erkundet er die Welt mit dem Fahrrad oder mit Wanderschuhen an den Füßen. Er lebt und arbeitet derzeit in Bilbao, Nordspanien und reist von dort regelmäßig in seine Lieblingsregion – den Schwarzwald. Folgen Sie Patrick auf Google+

alle Reiseberichte des Autors
Was Sie auch interessieren könnte...
Top 5  
Was Sie unbedingt lesen sollten
Top 5  
Meist kommentiert
Top 5  

In diesem Artikel erwähnt

Feldberg

Feldberg

Zum Luftkurort Feldberg gehört der höchste Gipfel des Schwarzwaldes: der 1493 Meter hohe Feldberg. Genießen Sie auf und rund um den Feldberg idyllische Pfade und grandiose Panoramen. Als Startpunkt zu den schönsten Touren durch das Höhenwandergebiet empfiehlt sich die Bergstation der Feldbergbahn auf 1450 Metern.