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Breitnau: Der Alte Pfarrhof

Strenges Regiment und Volkes Bildung

Jede Gemeinde im Hochschwarzwald steckt voller kleiner und großer Geschichten. Viele Geschichten in Breitnau sind mit dem Alten Pfarrhof verbunden, der über Jahrhunderte dem Dorfpfarrer Unterkunft und Lebensunterhalt bot. Einer der Geistlichen war für Breitnau besonders richtungsweisend.

von  Daniela Bianca Gierok , Ralf H. Dorweiler , 17. Mai 2013
  

Dunkel steht er da, der Alte Pfarrhof von Breitnau. Bis ins 13. Jahrhundert geht seine Geschichte zurück. Der Dorfpfarrer bekam den Hof zur Verfügung gestellt, um ihn zu bewirtschaften und davon zu leben.

Ein besonderes „Exemplar“ in der langen Reihe von Geistlichen war Pfarrer Carl Ludwig Magon. Er soll von 1745 bis 1794 ein strenges kirchliches Regiment geführt haben, tat aber in diesen fast 50 Dienstjahren auch viel für die Gemeinde. 1769 ließ er die alte Spinnerei im Hof wieder aufleben. Jahr für Jahr lernte dort ein gutes Dutzend armer Kinder das Handwerk und verbesserte damit seine Zukunftschancen. Magon, der auch für den Bau der heutigen Kirche verantwortlich ist, hat jedes Jahr 99 Gulden für die Auslagen der Spinnerei aus seinem Privatvermögen gegeben. Fleißig gelernt wurde ab 1779 auch in der Schulstube im Alten Pfarrhof. Die in direkter Nachbarschaft gelegene Schule ist nach dem Gottesmann benannt.

Bis Mitte des 18. Jahrhunderts blieben die Pfarrer im Alten Pfarrhof wohnen, erst mit dem Bau eines neuen Pfarrhauses machten es sich die Geistlichen gemütlicher. Der Hof wurde an den Pfarrhofbur verpachtet, einen Bauern, der gleichzeitig als Mesner verpflichtet wurde. Als 1979 der letzte Bauer den Hof verließ, entbrannte ein Diskussion über die weitere Nutzung. Zum Glück entschlossen die Breitnauer sich zu einer Renovierung und gegen einen Abriss des Gebäudes. Abgerissen wurden nur die Sperrholzplatten, wohinter die alten Holzwände und so manches Geheimnis hervorkamen. Etwa fand man ein an der Wand befestigtes Kästchen, das einen uralten Rosenkranz barg.

Der Alte Pfarrhof hat heute mehrere Funktionen. Er bietet Räume für VHS-Kurse, eine Konzertbühne und die Bibliothek.

Letztere existiert bereits seit dem 19. Jahrhundert und war immer an anderen Orten untergebracht – jetzt wird die Bibliothek im Alten Pfarrhof sowohl von Einheimischen als auch Touristen rege genutzt. Familien kommen gerne, weil es eine stattliche Kinderbuchabteilung gibt – und praktischerweise geben die beherbergenden Betriebe die geliehenen Bücher oft nach der Abreise ihrer Gäste dort wieder ab.

Übrigens:

Den Alten Pfarrhof kann man nur bedingt besichtigen. Zu den Öffnungszeiten der Bibliothek kann man sich die Stube mit Kunst (dem alten Kachelofen) und dem Herrgottswinkel ansehen, die Bibliothek im Nebenzimmer besuchen, und vielleicht versuchen, das uralte Schloss im Obergeschoss zu öffnen. Die Tür führt zur Empore des großen Saales, der früher Stall war. Mensch und Tier waren nämlich damals in einem Gebäude untergebracht. Ansonsten sollte man bei einer der Vorstellungen der Breitnauer-Bauern-Bühne vorbeikommen. Über deren Angebot liegt ein Faltblatt in Ihrer Tourist Information aus.

Gut zu wissen

Adresse: Pfarrhofstraße 2, 79874 Breitnau

Öffnungszeiten der Bibliothek: Montag, 16:00 bis 18:00 Uhr, Mittwoch, 17.30 bis 19:00 Uhr, Freitag 17.30 bis 19.30 Uhr

Über die Autoren

Daniela Bianca Gierok (Texte) wurde 1973 im Ruhrgebiet geboren, wo sie schon früh erste journalistische Erfahrungen für die WAZ machte. Statt in die Redaktion zog es sie aber zuerst nach Köln, wo sie zuerst Jazz- und  dann Operngesang studierte. Eine Anstellung an der Basler Oper führte die Diplom-Sängerin in den Schwarzwald – der zur geliebten Heimat geworden ist. Folgen Sie Daniela auf Google+

alle Reiseberichte des Autors

Ralf H. Dorweiler, geboren 1973 in Nastätten im Taunus, wuchs in der Nähe der Loreley auf und studierte in Köln Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft. Seit acht Jahren lebt er mit seiner Familie und dem "echten" Basset Dr. Watson im Südschwarzwald. Er arbeitet als Redakteur für eine badische Tageszeitung und schreibt Kriminalromane. Folgen Sie Ralf auf Google+

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