Sobald rund um den Feldberg genug Schnee liegt, spurt Loipenfahrer Conny Gröbler die Pisten für Langläufer und Winterwanderer. Zwölf Stunden und länger sitzt Conny an manchen Tagen in seinem roten Hightechbully. Trotz der harten Arbeit genießt er den Winter im Obergeschoss des Hochschwarzwalds: „Nachts, alleine draußen, da ist es manchmal wie in einer Schneekugel im Bully. Ich schwebe und schiebe eine Schneewelle vor mir her. Die Tannen sind fett eingeschneit und alles ist weiß. Dann ist richtig Winter und ich genieße das. Jedenfalls für den Moment. Denn sofort ist da auch wieder die harte Arbeit.“
Dabei weiß er ganz genau: „Früher war das natürlich noch alles viel mühsamer! Mein erster Bully hatte noch eine festen Sitz und ich ständig Rückenschmerzen von dem Gerumpel.“ Connys Vorgänger hatten es noch schwerer. Bevor die Pistenbullys aufkamen, wurden die Loipen mit Motorschlitten gespurt, die mit Hilfe einer beschwerten Platte die Diagonalspur zogen – oder sie wurden gar nicht präpariert und die Läufer mussten sich ihre Spur selbst treten. Seit 2001 ist Conny Loipenfahrer im Feldberggebiet: „Meine Eltern haben 1995 die Todtnauer Hütte übernommen. Damals musste mein Vater die Wege für die Gäste noch freischaufeln. Er kam manchmal mit blutigen Händen nach Hause, weil er so viel geschippt hatte. Auf den Wechten oben am Gipfel war ein ganz kleiner Pfad getrampelt, wo die Leute damals drüber sind. Die ganzen Winterwanderwege und Loipen, das gab es alles nicht.“ Heute brettert Conny mit seinem Pistenbully drüber und walzt Wege, wo hüfttiefer, weicher Schnee das Vorankommen sonst ziemlich erschweren würde.
Conny regelt den Anpressdruck und Spurbreite vom Cockpit aus und schickt per Bordcomputer die neuesten Infos über den aktuellen Loipenzustand gleich in die Welt hinaus.
- © Patrick Kunkel
Früher fuhr er bei weichem Schnee mehrmals über die Spur, bis der Schnee dicht genug war. Heute regelt er den Anpressdruck und Spurbreite vom Cockpit aus; dabei sitzt er bequem in einem gefederten Sitz, die Heizung läuft und per Bordcomputer schickt er die neuesten Infos über den aktuellen Loipenzustand gleich in die Welt hinaus. Manchmal wundert sich der Loipenfahrer selbst über so viel Fortschritt: „Auch das alpine Skifahren war ja ganz lange, bis die ersten Lifte aufkamen, Langlauf. Die mussten bergauf stapfen und sind dann den Hang runtergerauscht. Maschinell präpariert war da nichts.“
Das war auch die Zeit, als etwa der Postbote die Feldberger Höfe und Hütten noch per Ski ansteuerte. Bis zum Winter 1976/77 hielt die damalige Bundespost an dieser Zustellung per Ski fest – bis einer ihrer Briefträger im Nebel über die Zastler Schneewechte stürzte und sich dabei schwer verletzte. Und das war die Zeit, als der Hinterzartener Georg Thoma, der 1960 in Squaw Valley Olympiasieger im Langlauf wurde, im heimischen Schwarzwald seine Spur noch selbst treten musste - genau so wie alle anderen Langläufer damals. Nur Wettkampfstrecken wurden maschinell präpariert. Ehe Ende der 1960er-Jahre die ersten Pistenbullys aufkamen und Anfang der Siebzigerjahre die Langlaufzentren am Thurner, dem Notschrei oder an der Martinskapelle entstanden, galt vielerorts im Hochschwarzwald: Wer zuerst kommt, spurt zuerst!
Heute ist es ja zum Glück der Conny, der zuerst kommt. Und er hat seinen Bully dabei. Während der Skisaison steht er oft schon Nachts um drei Uhr auf, um die 120 Kilometer Loipen in seinem Gebiet zu präparieren. Mit dem tonnenschweren Bully trotzt er fast jeder Witterung: Schneestürme, Lawinen, umgefallene Bäume, Nebelsuppe – alles schon gehabt. Conny ist ja nicht nur bei bei blauem Himmel und Pulverschnee auf flachen Loipen unterwegs, sondern bei fast jedem Wetter, bei allen Schneearten und in schwierigem Gelände. „Nur einmal hatte ich Angst, als ich eigentlich hundertprozentig sicher war, mich auf dem Weg zum Baldenweger Buck zu befinden. Und dann mit dem Bully im Nebel die Zastler Wechte runtergefahren bin. Jeder, der hier oben arbeitet und lebt, hat sich schon im Feldbergnebel verirrt.“
Heute ist es ja zum Glück der Conny, der zuerst kommt. Und er hat seinen Bully dabei.
- © Patrick Kunkel
Fragt sich nur, wie lange das noch gut geht mit der kalten Jahreszeit und dem Langlaufglück. Auch in den Hochlagen hätten sich die Winter in den letzten Jahren spürbar verändert, sagt Conny. Voriges Jahr gab es zum ersten Mal grüne Weihnachten. Sonst sei es „bei uns oben“ eigentlich immer schneesicher gewesen. Man könne den Klimawandel einfach nicht verleugnen: „Ich arbeite mit dem Medium Schnee und merke jede Veränderung. Es ist nicht unbedingt so, dass der Schnee weg ist, aber es kommt weniger herunter und die Temperaturen schwanken extrem. Morgens fällt Pulverschnee, eine Stunde später ist es pappig und Nachmittags taut er wieder weg. Heutzutage ändert sich die Schneekonsistenz an einem Tag, wie sie sich früher in einer Woche verändert hat. Damit musst du dann arbeiten.“
Dennoch schlägt er noch immer zu, der Winter im Hochschwarzwald, so wie in den glorreichen alten Tagen, als der Winter hier natürlich noch ein echter Winter war. „Ich war auch schon mal eingeschneit, wie die alten Bauern früher auf ihren Höfen“, meint Conny und grinst: „Vor ein paar Jahren musste ich aus dem ersten Stock aussteigen und mich erstmal eine halbe Stunde bis zur Garage schippen zu meinem Loipenbully.“ Immerhin: Die Hände haben nicht geblutet.
Zu Teil 1 der Serie
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