language
 

Schneeschuhtour am Blocksberg des Schwarzwalds

Zum Kuckuck mit dem Kaka-Fels

Der Hochschwarzwald ist doch immer wieder für Überraschungen gut: Ein „K-Fels“ - mitten im Wald! Jedenfalls weist ein verwittertes Holzschild, genagelt an einen Baumstamm im Bergwald, darauf hin. „Was zum Teufel ist ein K-Fels?“, fragt Andreas. „Kuckuck-Fels? Kaka-Fels?“

von  Patrick Kunkel , 27. März 2014
  

Wir schlurfen weiter bergan. Auf Schneeschuhen, denn der schmale, steile Bergpfad vor uns ist tief verschneit, zackige Felsspitzen ragen aus dem Schnee heraus. An manchen Stellen ist der Weg vereist, an anderen Stellen liegt tiefer Schnee. Mit Wanderschuhen wäre das eine ganz schöne Rutschpartie, die Schneeschuhe dagegen krallen sich zuverlässig im Untergrund fest. Die Abendsonne blitzt durch die lichten Baumreihen, sämtliche Laubbäume im Bergmischwald haben zu dieser Jahreszeit ihre Blätter abgeworfen. Da! Noch ein Holzschild! K-Fels…

"Kommunisten-Fels?", rätselt Andreas, "so wie K-Gruppen?" Treffen die sich hier?
Nichts ist hier oben auszuschließen! Wir sind schließlich am Kandel und der war ja einst, so raunte man in den Dörfern rundum, ein Treffpunkt von Hexen, selbst der Teufel höchstpersönlich soll hier zugange gewesen sein. Der Kandel galt sogar als der „Blocksberg des Schwarzwaldes“… Moment mal! Kandel? K-Fels? Kandelfels! Alles klar.

Die Aussicht vom K-Fels ist überwältigend. Tief unter uns verlieren sich die viel niedrigeren Vorberge des Schwarzwalds im Dunst. Man kann Häuser sehen, ganz klein und ganz weit weg: Die Dächer von Waldkirch. Seit wir vor einer Dreiviertelstunde oben am Gipfel losgestapft waren, sind wir unterwegs keiner Menschenseele begegnet, mal abgesehen von einem etwas mürrischen Hüttenwirt im K-Hof und einer Handvoll Wanderer auf dem Gipfelplateau.

Wie leer gefegt hatte da oben die freie, tief verschneite Fläche rund um die Gipfelpyramide dagelegen. Bloß zerstampfter Schnee und eine ganze Batterie von Schneemännern zeugten vom allsonntäglichen Gewimmel gestern auf dem Kandelgipfel. An solchen Tagen platzt der Parkplatz neben dem Berghotel aus allen Nähten, die beiden Schlepplifte ziehen unermüdlich rotbackige Skifahrer und Snowboarder den Hang hinauf und Schlittenfahrer bevölkern die Piste am Berghotel. Aber heute ist Montag und da findet man am Kandel: Ruhe. Ruhe. Und nochmal Ruhe. Und obskure Schilder

Direkt unterhalb des Gipfels zweigt das Turnerwegle, ein im Sommer felsiger Wurzelpfad, in den dichten, nun tief verschneiten Wald ab. Überhängende Felsen ragen in den Weg und einige Steinstufen sind gar nicht ohne. Doch mit den Schneeschuhen können wir hier am Steilhang sicher laufen, die Stöcke geben zusätzlich Halt und dank der großen Schneeteller sinken sie auch nicht bei jedem Stockstoß ein. Bei besonders steilen Passagen erleichtert die Steighilfe und die Eisenkrallen den Gang bergauf – sehr praktisch. Wir kreuzen die alte Skipiste am Kandelnordhang, wie geschaffen für einen Teufelsritt: nur die mutigsten Skifahrer stürzen sich hier herab, einen Lift sucht man vergebens. Zum Glück!

Wir erreichen die Thomashütte, eine einfache Schutzhütte mitten im Wald. Von dort hat man einen weiten Blick übers Glottertal, das grüne Glottertal. Denn unten liegt kein Schnee mehr und auch hier oben, zweihundert Meter unterm Gipfel, ragen immer öfter Gras, Wurzeln und bloßer Fels durch die Schneedecke – höchste Zeit, wieder aufzusteigen!

Bergan nehmen wir den Damenpfad. Noch so ein interessanter Name, der uns Rätsel aufgibt. Dürfen hier nur Damen laufen? Ist der Weg von Damen gebaut worden? Egal. Schnee rieselt von Tannenzweigen und glitzert in den letzten Sonnenstrahlen – und wir können uns kaum satt sehen, an der abwechslungsreichen Winterwelt um uns herum. Und dann der K-Felsen: Von Westen brandet ein Wolkenmeer heran, tief unten im Tal. Schon bald sehen wir keine Häuser mehr, sondern nur noch eine weiße Nebelfläche, die in der Abendsonne strahlt.

Der Fels ist beeindruckend, auch heute noch, obwohl ein ziemlich großer Brocken in der Walpurgisnacht im Jahr 1981 talwärts stürzte. Ausgerechnet in der Walpurgnisnacht! Und wie hieß der gewaltige Gipfelüberhang? Teufelskanzel. Welch ein Name! Zum Kuckuck mit dem Kaka-Fels.

Gut zu wissen

Der Kandel ist mit 1241 Metern der höchste Berg im mittleren Schwarzwald. Er gilt als der Hausberg von Waldkirch.
Erreichbarkeit: Mit dem Kandelbus (SBG-Buslinie 7205) von Denzlingen über das Glottertal und St. Peter zum Kandel.
Schneeschuhtouren: 
Rundtour ab Berghotel. Turnerwegle, Hessfelsen, Präsident-Thoma-Weg, Thomashütte, Damenpfad, Kandelfelsen, Gipfelpyramide. Strecke: ca. 4,5 km, Aufstieg: ca. 220 Höhenmeter

Einwegtouren: Aufstieg ab Sägendobel (Bushaltestelle Sägendobel) über den Kandelhöhenweg (ca. 6 km, 500 Hm); oder ab Glottertal-Mitte via Eichberg, Luser, Thomashütte (erst gelbe Raute, dann blaue Raute; ca. 11 km und 900 Hm)

Über den Autor

Patrick Kunkel ist Reisejournalist aus Freiburg im Breisgau. Am liebsten erkundet er die Welt mit dem Fahrrad oder mit Wanderschuhen an den Füßen. Er lebt und arbeitet derzeit in Bilbao, Nordspanien und reist von dort regelmäßig in seine Lieblingsregion – den Schwarzwald. Folgen Sie Patrick auf Google+

alle Reiseberichte des Autors
Was Sie auch interessieren könnte...
Top 5  
Was Sie unbedingt lesen sollten
Top 5  
Meist kommentiert
Top 5  

In diesem Artikel erwähnt

hochtag Blog

Klettertour am Kandelfels

Der Kandelfelsen – der richtige Ort für meinen hochtag im Hochschwarzwald. Der Fels gehört zum Hausberg von St. Peter und Waldkirch und liegt am Westhang des Kandelmassivs. Das Kandel-Gebiet ist geeignet für Wanderer, Mountainbiker und Kletterer.